MATTHIAS RÜEGG

«VORWAND», 17. November bis 16. Dezember 2017

Eröffnung Freitag, 17. November 2017, 17–20 Uhr
Finissage Samstag, 16. Dezember 2017, 13–16 Uhr

Öffnungszeiten während der Ausstellung

Mo / Di / Do
Sa
14–18 Uhr
13–16 Uhr
oder nach Vereinbarung

Der Künstler ist an der Eröffnung und an der Finissage anwesend.

 

Man begegnet ihnen überall – Wänden, die etwas abgrenzen, schützen oder kanalisieren. Die meisten sind provisorischer Natur, nicht gemacht für die Ewigkeit, was man ihnen ansieht. Nun stehen viele da, als hätte man vergessen, sie zu demontieren. Ihre Bestimmung haben sie wohl längst erfüllt und sind Teil räumlicher Möblierungen geworden, die kaum noch wahrgenommen werden. Nicht immer lässt sich ihr ursprünglicher Zweck noch entschlüsseln.

Es sind solche unspektakulären Stadtsituationen, die der Künstler überall, wo er hinreist findet und die ihn faszinieren. Oft sind es die Rückseiten, welche die stabilisierenden Konstruktionen offen zeigen, die sein Interesse wecken.

Fotografien – hier erstmals öffentlich gezeigt – sind Ausgangspunkt dieser gross angelegten ortsbezogenen Installation.

Umwege
Und so stehen wir vor einer massiven Wand, wenn wir das Lokal betreten. Sie führt vom Hauptraum über zwei Ecken ins Kabinett und versperrt den direkten Zugang zu ihm. Durch einen schmalen Schlitz in der Türöffnung sehen wir aber, dass es nicht leer ist. Die drei Flächen sind in bonbonfarbenen Pastelltönen gestrichen und mit horizontalen Streifen strukturiert. Nichts Gefährliches dahinter, will uns das wohl sagen.

Wollen wir das Kabinett betreten, müssen wir den Umweg in Kauf nehmen und uns hinter der Wand hindurch zwängen. Das kann durchaus als Zumutung empfunden werden, weiss man doch nie, ob um eine der beiden Ecken BesucherInnen in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind – denn dann wird es eng. Reicht der Platz zum Passieren? Wer weicht aus oder geht zurück? Ein Gefühl der Beklemmung kann sich einstellen. Man fühlt sich an Situationen vor Check-in-Schaltern erinnert. Damit ist schon viel gesagt über diese kraftvolle Inszenierung. Selbst altbekannte, einfache Wege können plötzlich beschwerlich und irritierend werden.

Präzise Unschärfe
Matthias Rüegg ist ein Künstler, der seine öffentlichen Auftritte immer ortsspezifisch entwickelt. Er benutzt dazu einfache Materialien, die in jedem Baumarkt günstig erworben werden können. Mit diesen greift er massiv in räumliche Situationen ein und deutet diese um.

Oft kommt auch Sprache ins Spiel, wie in der Arbeit im Untergeschoss. Zunächst sehen wir aber die Rückseite der raumgreifenden Konstruktion, die aus ungehobelten Dachlatten zusammengeschraubt ist. Sie ist durchlässig, mehr ein hoher Lattenzaun, der an den Rändern ausfranst. «ignore» lesen wir auf der Vorderseite, wenn auch nur mit Mühe. Das Wort ist in ganz feiner Farbabstufung auf die rosarot gestrichenen Latten aufgemalt. Ist das eine Aufforderung das Gesehene zu ignorieren oder haben wir etwas übersehen? Das Bild, wie auch die Botschaft, ist von präziser Unschärfe und lässt uns mit Fragen zurück auf die der Künstler keine Antworten mitliefert.

Michael Nitsch, November 2017