SUSANNE KELLER
CAROLINE BRÜHLMANN

Eröffnung Samstag, 30. Januar 2016, ab 18 Uhr
Finissage Freitag, 26. Februar 2016, 17.00–20.00 Uhr

Öffnungszeiten während der Ausstellung

Di / Mi / Do 14.00–18.00 Uhr
oder nach Vereinbarung

 

Ein Fest für die Sinne empfängt uns, wenn wir das Lokal betreten. Es glitzert und tönt und tanzt – ein Objekt, wie aus «Tausend und einer Nacht». Scheinbar lose und schwerelos fügen sich unzählige farbige Elemente zu einem ausufernden Ganzen, das uns an Märchenwelten denken lässt.

«Eine Materialisierung eines poetischen Gedankennetzes» nennt Susanne Keller ihr künstlerisches Vor­gehen. Was entsteht sind demnach dreidimensionale Gedichte, die die Künstlerin in monatelanger Arbeit von innen nach aussen formt. Schicht um Schicht überlagern sich die Ebenen. Jede für sich birgt und behält ihre Bedeutung auch wenn am Schluss längst nicht alle sichtbar bleiben. Wichtige Inspirationsquellen waren auch die Unterrichtsnotate einer befreundeten Tanzlehrerin.

In vielen Sparten zu Hause, bedient sich Keller in ihren Arbeiten mühelos verschiedener Medien wie der Foto­grafie, der Musik oder der Dichtung um Bestandteile zu generieren für Ihre symbolgeladenen Objekte. Die Idylle jedoch trügt, die sie suggerieren. Eng schwimmen schwarze und weisse Schwäne nebeneinander her. Auch der Tod hat seinen Platz in diesem Leben und schaut uns direkt in die Augen. Ungewertet überlagern sich alle Symbol -und Bedeutungsebenen.

«Schwanensee» heisst dieses Objekt und ist das zweite von sieben geplanten des Werkkomplexes
«Choreografische Objekte». Jedes umspielt ein eigenes, in sich geschlossenes Thema. Ein singuläres,
artis­tisches Grossprojekt, das sie bis ca. 2020 beschäftigen wird.

Im Untergeschoss zeigt die Künstlerin zwei kleinere Objekte, die sie «Bebilderungs-Bühnen» nennt. Hier noch deutlicher als in «Schwanensee» ist die Überlagerung der Szenerien angelegt – kleine Theaterbühnen der Poesie.

 

Auch Caroline Brühlmann arbeitet oft in gross angelegten Werkzyklen. Zurückhaltener und ganz ohne Farbe, aber nicht weniger vielschichtig begegnen uns ihre Arbeiten. Vögel sind auch hier ein zentrales Motiv. Alpen­dolen sind es, denen die Künstlerin jeden Tag begegnet.

Von «Schwarz-Weiss-Thematik» will die Künstlerin allerdings nichts wissen, vielmehr interessiert sie sich für das schwarmhafte Auftauchen und Verschwinden dieser intelligenten Vögel.

Für die Tiefdrucke im Hauptraum verwendete sie Getränkekarton anstelle der üblichen Kupfer- oder Zinkplatten. Dieser bietet viel weniger Widerstand und «erschöpft» viel schneller. Den Prozess des Verblassens treibt sie zusätzlich voran, indem sie die Druckstöcke oft nur einmal einfärbt und immer wieder abzieht, bis nur noch feine Umrisse übrig bleiben.

Einen Schritt weiter geht die Künstlerin im Kabinett, wo sie den Prozess des «Qualitätsverlustes» bewusst thematisiert, indem sie eine kleinformatige Serie von Radierungen, in der die Drucke sich auf den einzelnen Blättern überlagern, auf einem Kopierer stark vergrössert und die einzelnen Fragmente direkt auf die Wand kleistert, was zu zusätzlichen Ungenauigkeiten, Überlagerungen und Brüchen führt. Fragmentieren und wieder Zusammenfügen ist ein Thema. Eine Affiche, die sich der plakativen Deutung entzieht. Die Originale behält die Künstlerin für sich. Das Vergleichen wird verunmöglicht.

In einer dritten Werkserie entstanden kräftige Pinselzeichnungen, die entfernt an fernöstliche Kaligraphie erinnern. Das Vogelmotiv klingt nur noch entfernt an. In einem weiteren Arbeitsschritt löst sie die Gestik der Zeichen in einem Prozess der Verlangsamung in Schwärme kleinster Linien auf, die ihrerseits vielleicht auch bald verschwunden sein werden.

Michael Nitsch, Januar 2016