HEIKO BLANKENSTEIN
SABINE SCHLATTER

«Leuchten»

  • Sabine Schlatter
  • Heiko Blankenstein
  • Sabine Schlatter
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  • Heiko Blankenstein
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Eröffnung Freitag, 15. November 2019, ab 18 Uhr
Finissage Samstag, 14. Dezember 2019, 13–16 Uhr

Öffnungszeiten:

Do / Fr
Sa

14–18 Uhr
13–16 Uhr (oder nach Vereinbarung)
Die Künstlerin und der Künstler sind an der Vernissage, der Finissage
und den Samstagen, 23.11. (Heiko) und 30.11. (Sabine) anwesend.
Alle sind herzlich eingeladen.

 

Mit Sabine Schlatter und Heiko Blankenstein kommen in der aktuellen Ausstellung eine Künstlerin und ein Künstler zusammen, die in ihren Zeichnungen jedes Format sprengen.
Die Lust, über definierte Grenzen zu gehen, scheint beide gleichermassen umzutreiben. Linien drängen an Ränder, die Begrenzungen sind für etwas, das grenzenlos ist: Die menschliche Vorstellungskraft, das, was wir Gefühle nennen, das All.

Man kann nicht anders, als sich die Arbeit von Sabine Schlatter als einen performativen Akt mit beträchtlichem Körpereinsatz vorzustellen. Ganz nah, ja eigentlich mittendrin in ihren Zeichnungen, steht die Künstlerin während des Entstehungsprozesses. Die Arbeit beginnt fein, wird zunehmend heftiger, um in einem mitunter furiosen Geflecht von Hunderten, ja Tausenden von Linien, die sich wie feine Nervenbahnen auf dem Papier ausbreiten und pulsierende, energetisch aufgeladene Farbräume erschaffen. Obwohl abstrakt, erinnern diese mitunter an Insekten und lassen auch organische Assoziationen zu. Figürlich im klassischen Sinn sind sie aber nie und entziehen sich überhaupt jeder Eindeutigkeit.
Als eine Art Kartografie gezeichneter Emotionen, «als Innere Karten», bezeichnet die Künstlerin ihre Arbeit. Eine «fast wissenschaftlich exakte Angelegenheit also, die auch Distanz erfordert» die, obwohl hochemotional, den Anspruch hat, übergeordnete Gültigkeit zu haben. Ohne Titel stehen die Notate dieser Forschung da. Wie sollte man auch etwas benennen können, wofür es noch keine Worte gibt? Die eigene Imagination soll nicht vorschnell in Bahnen gelenkt werden, sondern sich selbst ihren Weg suchen in den Labyrinthen, die uns Sabine Schlatter offeriert.
«Die Zeichnung ist endlos» sagt die Künstlerin. Die Linien könnten sich immer weiter ziehen, ohne Anfang und Ende. Eine Arbeit für abgeschlossen und gültig zu erklären ist also eine nicht immer einfache Angelegenheit. Ihre früheren Zeichnungen sind denn oft fast vollständig verdichtet und lassen nur wenige kleine, dafür umso heller leuchtende Stellen offen. In ihren neuesten Arbeiten, denen wir im Hauptraum begegnen, umfängt das viele Weiss die farbigen Elemente und hält sie in eigenartiger Schwebe.

Man darf sich dem Sog dieser Farbwelten hingeben. Sie werden einem so schnell nicht loslassen.

Jedes Kind, das in den nachtschwarzen Himmel starrt, kennt das wohlig mulmige Gefühl, ausgelöst von der Unendlichkeit, die dort am Himmel sein soll. Aber was heisst unendlich und was muss es sich darunter vorstellen? Schön wird es den Sternenhimmel sicher finden und sich dabei sehr klein fühlen.
Der Wunsch, zu verstehen, was rund um uns passiert, bewegt die Menschheit seit Urzeiten. Viele Steinsetzungen und Artefakte legen Zeugnis davon ab. Mit einfachen Mitteln und Beobachtungen wurden schon früh erstaunliche Erkenntnisse gewonnen.
Heutzutage dringen Forscher mit modernsten Teleskopen und Raumsonden vermeintlich weit ins All vor – und sehen (oder errechnen) doch nur einen astronomisch kleinen Teil dessen, was die Erde umgibt. Das Sonnensystem ist weit gehend erforscht. Aber solche gibt es unendlich viele. Wie sehen sie aus? Wir können nur mutmassen.

Hier beginnt die Arbeit von Heiko Blankenstein, der sich intensiv mit kosmischen Phänomenen befasst. Wo optische Hilfsmittel versagen, dringt er imaginativ in galaktische Sphären vor, die so noch kein Menschen gesehen hat. Sterne werden geboren oder explodieren, wie in «a lot more something than there couldn’t exist», das die Simulation der Supernovae (letzte Millisekunden des Verlöschens) zweier Sterne abbildet, umfangen von einem irrealen kubisch Objekt, das sich seinerseits in Auflösung befindet. In wie vielen Dimensionen findet ein solches Ereignisse statt?
Im Gegensatz zu Schlatter dominiert bei Blankenstein die Farbe Schwarz. Nur an den Rändern, oder besser hinter den Rändern seiner interstellaren Visionen leuchtet ein helles Rot. Es kommt von den geometrischen Elementen, die sowohl Träger als auch Distanzhalter für seine Zeichnungen sind.
Verweist dieses Leuchten auf die Möglichkeit, dass sich hinter noch so entfernten Galaxien weitere befinden könnten. Gar eine zweite, dritte oder unendlich viele weitere Universen?

Hier enden die Möglichkeiten der Wissenschaft, ihre Geräte sind zu schwach. Die Kunst kann beginnen und schöpferisch weiter vordringen.

Michael Nitsch, November 2019